Presseaussendung 1. Oktober 2018
Initiative.DENKmal.KULTUR fordert rechtliche Änderungen für Baudenkmäler
Wien, am 1. Oktober 2018
Im Europäischen Kulturerbejahr 2018 wurde anlässlich des Tags des Denkmals im Rahmen einer Enquete am 27. September im Palais Dorotheum das Positionspapier, das einen rechtlichen Vorrang für den Denkmalschutz fordert, präsentiert. Die Initiative hat das gemeinsame Ziel, Österreichs wichtigste Kulturdenkmäler dauerhaft zu erhalten.
Österreich versteht sich zu Recht als Kulturnation. Ein bedeutender Teil unseres kulturellen Erbes sind die Baudenkmäler und historischen Gebäude, die sowohl die Städte als auch den ländlichen Raum prägen. Die historischen Gebäude wie Schlösser, Burgen, Klöster und Museen, aber auch Bürgerhäuser, historische Bauernhöfe und Kleindenkmäler sowie historische Parkanlagen ziehen jedes Jahr Millionen Besucher aus aller Welt an. Der Kulturtourismus stellt einen wichtigen volkwirtschaftlichen Faktor dar. Gern wird dabei jedoch der erhebliche Aufwand übersehen, mit dem die Erhaltung und Sanierung von Baudenkmälern für die Eigentümer und Nutzer verbunden ist.
Um dies auch bewerkstelligen zu können, müssen bestehende Belastungen und Hin-dernisse für Sanierungen und Investitionen abgebaut werden. Darüber hinaus sollen Anreize geschaffen werden, um die Sanierungsrate zu erhöhen. Die aktuelle Lage würde zu einem schleichenden Verlust der schützenswerten Bausubstanz oder zu späteren teuren Rettungsmaßnahmen führen. Es besteht akuter Handlungsbedarf in vielen Bereichen: auf Bundes- und Landesebene, in der Bauten- und Wohnbau-, der Justiz- und Steuerpolitik, in der Kulturförderung, im Denkmal- und Ortsbildschutz und in der Raumordnungspolitik.
Am Donnerstag, 27. September 2018, wurden im Rahmen der Enquete zum Tag des Denkmals die Vorschläge der Initiative.DENKmal.KULTUR präsentiert. Martin Böhm, Präsident Österreichische Denkmalfreunde, begrüßte als Hausherr rund 230 Gäste und betonte:
„Wir brauchen in Österreich einen Paradigmenwechsel dahingehend, dass ein denkmalgeschütztes Objekt nicht nur mit Nachteilen verbunden ist. Dafür ist es erforderlich – wie in anderen europäischen Ländern schon der Fall – positive Anreize im Sinne eines Lastenausgleiches zu schaffen.“
Nationalratsabgeordneter Andreas Ottenschläger zeigte sich in seiner Begrüßungsrede offen für die Vorschläge der Initiative und betonte:
„Das ist ein historischer Tag für einen gemeinsamen Startschuss, um die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Denkmäler einzuleiten, die einen so wertvollen Beitrag für Österreich darstellen.“
Die Bauregeln, wie die Bauordnungen, Bautechnikverordnungen und Baunor-men müssen so angepasst werden, dass man sie auch auf denkmalgeschützte und historische Gebäude anwenden kann, oder es wird in den einzelnen Bestimmungen stärker zwischen Gebäudebestand, insbesondere denkmalgeschützten Gebäuden und Neubauten, unterschieden.
Das Haftungsrecht muss so angepasst werden, dass für alte und bestehende Gebäude eigene gesetzliche Regelungen gelten. Derzeit werden auch für historische Gebäude jene Normen angewandt, die für neue Bauwerke entwickelt wurden. Zivilrechtlich wird zunehmend der Stand der Technik gefordert und dadurch die Einhaltung von Normen für Neubauten, die eigentlich unverbindlich sind, de facto zur Verpflichtung – auch für schon bestehende und historische Gebäude.
Kultur- und Denkmalschutzleistungen müssen steuer- und abgabenrechtlich anerkannt werden. Die Erhaltung von Baudenkmälern liegt im öffentlichen In-teresse und sollte auch honoriert werden. Die Aufwendungen zur Erhaltung und Sanierung von denkmalgeschützten Objekten sollen steuerlich anerkannt und nicht bestraft werden.
Land&Forst Betriebe, Klösterreich, Verein Historische Gebäude Österreich, Initiative Wirtschaftsstandort Oberösterreich, Österreichische Gesellschaft der Denkmalfreunde, Österreichische Gesellschaft für Historische Gärten, Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H., Burghauptmannschaft Österreich, Österreichische Bundesforste AG, Gesellschaft für Landeskunde und Denkmalpflege OÖ sowie dem Zentralverband Haus und Eigentum.
Das vollständige Positionspapier steht in der Spalte rechts zum Download zur Verfügung.
Für die Enquete „Zukunft Denkmal – DENKmal.ZUKUNFT“ konnte Rodolphe de Looz-Corswarem, Präsident von European Historic Houses, für den Impulsvortrag gewonnen werden. Er betonte:
„Historische Denkmäler prägen das Landschaftsbild, tragen zum kulturellen Erbe des Landes bei, und sind Zeitzeugen der Geschichte. Zu-sätzlich sichern sie Arbeitsplätze im ländlichen Raum und sind tragende Säulen des Tourismus. Oft geraten historische Denkmäler und die damit zusammenhängende Erhaltung ins Spannungsfeld zwischen Politik und Unternehmer/Eigentümer. Das Europäische Kulturerbejahr 2018 hat zum Ziel, das Bewusstsein für das kulturelle Erbe und die damit einhergehende Bedeutung für Gesellschaft und Wirtschaft zu stärken.“
Bei der anschließenden Podiumsdiskussion diskutierten Eva Blimlinger (Präsidentin der Österreichischen Universitätenkonferenz), Bernd Euler-Rolle (Fachdirektor Bundesdenkmalamt), Agnes Husslein-Arco (Kunsthistorikerin), Rodolphe de Looz-Corswarem (Präsident European Historic Houses), Felix Montecuccoli (Präsident Land&Forst Betriebe Österreich), Reinhold Sahl (Burghauptmann) und Künstler Erwin Wurm unter der Leitung von Tarek Leitner.
Die Diskutanten waren sich einig, dass die historische Substanz Österreichs geschützt werden muss. Ganz wesentlich ist dabei die Schaffung einer breiten Akzeptanz und Wertschätzung für die Anforderungen, die mit der Erhaltung / Nutzung historischer Objekte einhergehen. Die Basis dafür muss bereits im frühen Bildungsbereich gelegt werden. Es ist weiters unabdingbar, ein entsprechendes Instrumentarium Eigentümern denkmalgeschützter Objekte zur Verfügung zu stellen. Dafür bedarf es vor allem Änderungen und Vereinfachungen in Gesetzgebung und Vollziehung auf Bundes- und Landesebene, primär im Bau-, Haftungs- und Steuerrecht.
Besonders hervorzuheben ist, dass Erhalter denkmalgeschützter Gebäude einen öffentlichen Auftrag erfüllen. Dem wird derzeit in steuerrechtlicher Hinsicht in keiner Weise Rechnung getragen, sondern das Thema vielfach als „Liebhaberei“ abgetan. Es besteht also eine Diskrepanz, die es zu lösen gilt. Einigkeit besteht darin, dass nur genutzte, belebte Objekte für die Zukunft erhalten bleiben und somit auch einen wesentlichen volkswirtschaftlichen Nutzen darstellen.